Sozialisation

"Es geht doch nichts über eine gute Schule.Das Bild zeigt 12 Berger de Brie beim Arbeitstag in Kempen. Leider passten nicht alle Briards auf das Foto".

Sozialisation bedeutet Eingliederung des Einzelnen in die Gesellschaft. Auf unsere Hunde bezogen bedeutet der Ausdruck dann Eingliederung des einzelnen Hundes in das Rudel bzw. in die Familie. Zunächst einige grundsätzliche Überlegungen zur Sozialisation..

Yvonne Kejec beginnt ihr Buch "So sag ich`s meinem Hund" so: " Wenn Sie sich einen Welpen ins Haus holen, geschieht etwas, das zwar seit zehntausend Jahren schon viele Male passiert ist, aber immer noch ein großartiger und fesselnder Prozeß ist. Zwei unterschiedliche Arten - Hund und Mensch - gehen eine Bindung ein, die so tief ist und die so von gegenseitigem Verstehen geprägt sein kann, wie es dies sonst nirgendwo in der Natur zwischen verschiedenen Arten gibt. Sie und Ihr Welpe vollziehen miteinander dieses einzigartige und wunderbare Erlebnis nach."

Wenn Sie Ihren Welpen abholen, so wird das Rudel der Geschwister und der Mutter durch die neue Familie ersetzt. Im Wolfsrudel gibt es unter Welpen noch keine erkennbare Rangordnung, es gibt auch noch keine erkennbar dominanten Tiere. Sie müssen nun bei der Gestaltung des neuen Rudels einiges beachten, denn der Mensch kann sein Verhalten durch seinen Verstand steuern, während der Hund auf seine angeborenen Instinkte und Verhaltensmuster angewiesen ist; natürlich kann auch er dazulernen. Hunde verstehen zwar nicht direkt die Sprache des Menschen - und umgekehrt - aber wir Menschen haben das Sozialverhalten der Hunde und deren Vorfahren den Wölfen erforscht und können es - bedingt durch unseren Verstand , uns zunutze machen.

Die Beziehung zwischen Mensch und Hund beruht auf drei Grundlagen:

1. Vertrauen

2. Verständigung

3. Rangordnung

Vertrauen

Das Fundament einer jeden Beziehung zwischen Mensch und Hund ist das Vertrauen, auf dem alles Andere aufbaut. Dieses Vertrauen muß bereits beim Welpen angelegt und immer weiter vertieft werden. Vertrauen wecken bedeutet allerdings mehr als nur den Hund füttern und mit ihm Gassi gehen, es muß von Anfang an durch richtige Haltung und Führung einerseits, aber auch durch artgerechtes Spiel und Motivation erworben werden.

Im Wolfsrudel erkennen die Wölfe nur den als Rudelführer an, dem sie ohne Wenn und Aber vertrauen können, schließlich hängt von ihm im Extremfall das Überleben des Rudels ab. Wenn bereits der Welpe Ihnen Vertrauen entgegenbringt, so ist dies schon der erste richtige Schritt zur Einordnung in die Familie, in das neue Rudel.

Verständigung

Verständigung - Kommunikation- findet meist über Sprache statt, dabei wird oft übersehen, daß die nichtsprachliche Verständigung (non-verbale Kommunikation) viel wichtiger und informativer sein kann als das gesprochene Wort. Durch Gestik, Mimik u. v. m. verraten wir oft unsere wahren Absichten.

Die Verständigung zwischen Mensch und Hund findet auch über Sprache statt, denn mit bestimmten Kommandos lernen Hunde bestimmte Handlungen zu verknüpfen.Allerdings muß ein Hund ein Kommando ca. 50mal ausgeführt haben, ehe er es verinnerlicht hat. Manchmal sieht es so aus, als wenn Hunde auch das Zählen lernen können, dann nämlich, wenn sie sich erst nach der x-ten Aufforderung setzen oder sich ins Platz legen.

Wölfe und damit auch unsere Hunde verständigen sich ebenfalls über Signale, dabei scheint die Palette der Möglichkeiten viel umfangreicher als beim Menschen zu sein, denn Hunde verständigen sich nicht nur durch Bellen, Schwanzwedeln oder Zähnefletschen. Wir Menschen müssen einerseits lernen, was die einzelnen Ausdrucksweisen beim Hund bedeuten. Viel schwieriger ist es aber für uns, die Sprache des Hundes überhaupt zu erkennen und wahrzunehmen, denn sie besteht neben Lautäußerungen auch aus Körperhaltungen und Geruchsmitteilungen. Wir Menschen müssen hier noch sehr viel lernen, denn Hunde können sich z. B. über ihre Lippen- und Lefzenstellung, ihre Ohren- und Kopfhaltung oder auch über ein gesträubtes Nackenfell verständigen.

Wer sich hier weiterbilden möchte, findet aktuelle Literatur in der Literatur-und Linksite dieser homepage.

Dem Welpen ist die Fähigkeit, sich über Signale mitzuteilen, angeboren. In der Prägephase bis ca. zu 16. Woche muß er jedoch lernen, die Signale der anderen zumindest in ihren Grundzügen zu deuten. Dies geschieht durch Nachahmung und vor allem durch Spielen. Dabei beobachtet bereits der Welpe seine Umwelt ständig und versucht, die empfangenen Signale zu deuten. Dies macht auch später noch der erwachsene Hund. Er beobachtet Sie ständig und interpretiert auch Ihre unbewußt ausgesendeten Signale. So z. B. wenn Sie zum ersten Mal eine Begleithundeprüfung laufen und vielleicht ein bißchen nervös sind, ohne daß Sie sich das eingestehen wollen, schließlich üben Sie in Ihrer Freizeit ein wunderschönes Hobby aus und das alles ohne Streß. Der Hund riecht aber, daß Sie nervös sind und fragt sich, warum zeigt der Chef Angst? Wenn der Chef Angst hat, ist es besser, wenn ich auch Angst habe. Natürlich besteht überhaupt kein Grund für diese Angst, aber unbewußt haben Sie Ihrem Hund Gefahr signalisiert.

Für uns Menschen gibt es im Bereich der Kommunikation mit unserem Hund also zwei Dinge, die wir verbessern müssen:

1. Wir müssen uns bemühen, die Signale des Hundes zu erkennen und richtig zu deuten.

2. Wir müssen mehr auf die Signale achten, die wir selber meist unbewußt aussenden, denn der Hund erkennt und interpretiert sie.

Rangordnung

Die Sozialisation vollzieht sich beim Hund anders als beim Menschen. Während wir uns untereinander in der Familie als gleichberechtigt ansehen (oder dies doch sollten), herrscht unter Hunden und deren Vorfahren eine Rangordnung, die das Leben im Rudel bestimmt. Dieser Rang bestimmt z. B. wer wann fressen darf oder wer wen dominieren darf. Für den jungen Hund ist es deshalb ganz wichtig, daß er erkennt, welchen Rang er innerhalb des Rudels einnimmt. Dies ist ganz normal, so wollen auch Kinder wissen, wie weit sie bei ihren Eltern gehen können, wer z. B. bestimmt, was am Fernsehen geguckt wird.

Die ersten Fragen, die sich ein Welpe in der neuen Familie - seinem neuen Rudel - stellen wird, lauten nun, wie ist es hier, kann ich hier gut leben und schließlich, wer ist hier der Boß? Ein Hund der machen kann, was er will, wird verunsichert, denn er erkennt seinen Platz im Rudel nicht. Ein Rudel brauch ein Leittier, und wenn dies der Mensch nicht ist, so muß der Hund die Führung übernehmen. Eine verdammt schwere Aufgabe für einen Welpen oder einen jungen Hund. Übernehmen Sie also konsequent die Rudelführung und geben dem Welpen damit Schutz und Geborgenheit.

Wenn heute Hunde ausgebildet werden, so gilt eigentlich überall das Prinzip der positiven Verstärkung (ebenso wie bei der Erziehung von Kindern). Strafen versteht ein junger Hund noch nicht, weil er ja noch gar nicht weiß, was er machen soll. Ein strenges pfui oder nein zeigen an, daß er ein bestimmtes Verhalten unterlassen soll.

In der modernen Hundeerziehung wird der Welpe hauptsächlich durch viel Lob, Spiel, Streicheleinheiten, Leckerchen, Geduld und vor allem konsequente Wiederholung und Bindung an seinen Menschen erzogen.

Mit zunehmendem Alter fragt er sich auch, wie stark ist der Boß. Kann ich meinen Rang innerhalb des Rudels vielleicht verbessern oder fühle ich mich in meiner Position eigentlich ganz gut. Vielleicht muß er sich auch fragen, wo ist denn hier überhaupt der Boß? Eigentlich dürfte sich diese Frage jetzt aber nicht mehr stellen.

Zwischen dem siebten und zwölften Monat durchläuft der Hund die sog. Rudelordnungsphase (Beim Menschen wäre das die Pubertät). Hier wird noch einmal geklärt, wer Rudelführer ist ( natürlich nicht der Hund, er kann von seinem Wesen her kein gleichberechtigter Kumpel sein, sondern nur über- oder untergeordnet.) Die meisten Hunde benehmen sich in dieser Zeit unmöglich (die Menschen auch) und sind regelrecht ungehorsam und vor allem provokativ. Alles, was bis jetzt gelernt worden ist, scheint plötzlich vergessen zu sein. Mit Eintreten der Geschlechtsreife legt sich das schwierige Verhalten eigentlich von selbst. Dies bedeutet aber nicht, daß Sie als Rudelführer jeden Tag den Macho spielen müssen. Körperlich dürften Sie einem ausgewachsenen Briard kaum gewachsen sein, deshalb muß das Dominieren psychisch geschehen, z. B. mit lauter Stimme.

Diese Rudelordnungsphase muß als natürliche Erscheinung akzeptiert werden, die nur vorübergehend ist und die zum Leben eines jeden Hundes dazugehört, genauso wie die Pubertät beim Menschen.

In der Sozialisierung erkennt der Hund seinen Standort innerhalb der Familie. Er muß aber auch lernen, wie er sich anderen Hunden gegenüber zu verhalten hat. Es ist daher wichtig, daß bereits der Welpe positive Erfahrungen mit anderen Hunden sammeln kann. Das was der Züchter begonnen hat, müssen Sie weiterführen. Es gibt heute fast überall Welpenspielgruppen, denn Welpen und auch Junghunde brauchen Prägespiele, genauso wie ein Kind den Kindergarten braucht. Man muß sie nur sorgfältig aussuchen. Denn es geht nicht um die Aufbewahrung, sondern um Prägespiele, bei denen der Hund die neue Welt und seine Mitbewohner kennenlernt.